GenussKonferenz
Kulinarik und Tourismus
Lebensqualität und Wertschätzung für den ländlichen Raum
Reisen nach Bayern sind aktuell so populär wie nie: Allein 2024 zog der Freistaat rund 40,6 Millionen Gäste an. Dabei ist der kulinarische Tourismus eine der Hauptattraktionen Bayerns und bietet vielfältige Chancen zur Wertschöpfung – nicht nur für die Reisebranche, sondern auch für lokale Produzenten, Genusshandwerker und die Gastronomie. Die GenussKonferenz am 20. März 2025 brachte deshalb rund 180 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Erzeugung, Ernährungshandwerk, Gastronomie, Tourismus und Regionalentwicklung zusammen, um in der Konzert- und Kongresshalle Bamberg die Schnittstellen zwischen Genuss und Tourismus zu ergründen.
Die Kulinarik ist ein essenzielles Destinationsmerkmal Bayerns. Das vielfältige Angebot an Spezialitäten, die auf jahrhundertelanger Tradition und Handwerksgeschichte aufbauen, steht laut Deutscher Reiseanalyse nach den Ausflügen ganz oben auf der To-do-Liste der Urlauber.
Zugleich stehen zahlreiche Betriebe im Gastgewerbe und der Lebensmittelwirtschaft vor großen Herausforderungen: Ziel der GenussKonferenz war es deshalb, kulinarische Schätze in Bayern sichtbar zu machen, damit Synergien zwischen Tourismus, Gastronomie, Genusshandwerk und Landwirtschaft zu identifizieren – und mit inspirierenden Best Practices neue Wege auszuloten.
Daniel Anthes (Bild: Björn Seitz/StMELF)
Tradition vs. Trend? – Bereicherung statt Abgrenzung
Brezen, Bier und Bratwurst: Das klassische Bild der bayerischen Kulinarik ist vor allem von traditionellen Spezialitäten geprägt. Doch auch aktuelle Food-Trends spielen im kulinarischen Tourismus eine immer größere Rolle. Von Robotik, vollautomatischen Systemen und künstlicher Intelligenz im Service-Bereich bis hin zu veganer Ernährung und alternativen Proteinquellen in der Küche – besonders die jüngeren Generationen legen im Urlaub großen Wert auf Nachhaltigkeit und innovative Genüsse. Tradition und Innovation müssen dabei jedoch nicht unbedingt im Widerspruch stehen:
„Jeder Trend hat einen Gegentrend: Globalisierung vs. Regionalität, Systemgastronomie vs. Slow Food, Fertiggerichte vs. DIY-Küche. Aber dort, wo diese Extreme aufeinandertreffen, entsteht die Zukunft. Das heißt nicht ‚entweder – oder‘, sondern ‚sowohl – als auch‘. Unsere gewachsene, tradierte Esskultur lässt sich immer wieder neu erfinden und so x-fach multiplizieren. Wir sollten solche Ideen als Bereicherung begreifen“, so Daniel Anthes, Food- und Nachhaltigkeitsexperte, in seiner Key-Note auf der GenussKonferenz.
Jürgen Krenzer (Bild: Björn Seitz/StMELF)
Traditionelle Kulinarik neu erfinden
Die Offenheit für Bereicherungen ist auch für das Überleben traditioneller kulinarischer Konzepte essenziell: Denn jenseits von Schnitzel und Hax’n warten in Bayerns Regionen noch zahlreiche einzigartige Spezialitäten und Handwerkstechniken darauf, neu entdeckt und in die Zukunft übersetzt zu werden. Besonders im ländlichen Raum bilden fast vergessene kulinarische Schätze, die oft nur noch bei Oma aufgetischt werden, einen häufig unterschätzten Wirtschaftsfaktor von erheblichem Wertpotenzial.
Um diese Schätze auch in Zukunft lebendig zu halten, sind Kreativität und fundierte Fachkenntnis gefragt. Vor allem der offene Austausch mit anderen Genussmachern der Region bietet dabei einen gewinnbringenden Perspektivwechsel für beide Seiten. Im offenen Dialog entstehen die richtigen Ideen, um traditionelle Verarbeitungstechniken gemeinsam auf neue Lebensmittel anzuwenden – oder fast vergessene Arten und Sorten in modernen Produkten neu zu interpretieren.
Diese offene Herangehensweise brachte auch Jürgen Krenzer, erfolgreicher Hotelier und Gastwirt aus der Röhn, auf seinen Weg zum Apfelwinzer: „Wenn du dich nur mit Äppelwoi-Herstellern umgibst, machst du auch nur Äppelwoi. Man muss den eigenen Kreis, die Komfortzone verlassen. Ich habe zum Beispiel mal geschaut, wie es die Winzer machen. Was mit Trauben geht, geht auch mit Äpfeln!“
Wolfgang Wagner (links, Bild: Björn Seitz/StMELF)
Kulinarik erleben: Das Bayerische Lebensgefühl als Wirtschaftsfaktor
Um sich innerhalb der Reisebranche von anderen Zielen abzugrenzen, ist zudem eine adäquate und effektvolle Kommunikation der eigenen Vorzüge entscheidend. Dank der kommunikativen Best Practices aus den Österreich und Bayern wurde auf der GenussKonferenz klar: Die persönliche Ansprache der Reisenden und der Erlebnischarakter von Kulinarik nehmen in der kulinarischen Touristik eine Schlüsselposition ein.
„Kulinarik ist in Bayern weit mehr als Genuss – sie ist Ausdruck der bayerischen Lebensart. Wer Bayern schmeckt, spürt auch Bayern. Dieses Lebensgefühl ist unser stärkstes Alleinstellungsmerkmal. Es wird aber nicht allein über Produkte vermittelt, sondern vor allem durch die Menschen, die dahinterstehen. Ihre Geschichten zu erzählen, ist die strategische Grundlage unseres Marketings“, so Wolfgang Wagner, Leiter Strategische Entwicklung, Bayern Tourismus Marketing GmbH.
Ob in Magazinen, Reportagen und Blogs, im Podcast oder auf den Sozialen Medien wie Instagram oder TikTok: Medial aufbereitete kulinarische Geschichten verleihen den vielfältigen Genüssen Bayerns ein Gesicht und stärken so die gesamte Branche.
Christine Röger (Bild: Björn Seitz/StMELF)
Wertschätzung steigern – Kräfte bündeln
Mit Veranstaltungen und Kursangeboten lassen sich zusätzlich auch praktische Anreize schaffen, um das bayerische Lebensgefühl und die damit verbundenen Handwerkstechniken erlebbar zu machen. So können besonders im ländlichen Bereich nicht nur neue Einnahmequellen entstehen, auch die Wertschätzung der Reisenden für die aufwendige Erzeugung und Veredelung von Lebensmitteln lässt sich durch praktische Erfahrungen steigern – sei es beim Kochkurs mit regionalen Lebensmitteln oder im Stall auf dem Erlebnis-Bauernhof.
Christine Röger, Leiterin des Kompetenzzentrums für Ernährung betonte in diesem Zusammenhang vor allem die Bedeutung von Angeboten für Kinder: „Wenn wir echte Wertschätzung erreichen wollen, müssen wir Kindern schon von klein auf vermitteln, was gutes Essen wert ist – nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern mit innovativen pädagogischen Konzepten.“
Um das Angebot für die Reisenden übersichtlicher und leichter zugänglich zu machen, kann zudem der Zusammenschluss in regionalen Dachmarken gewinnbringend sein. Gemeinsame Vermarktungsstrategien und Plattformen schonen dabei nicht nur die eigenen Kräfte, sondern sorgen auch für bessere Vernetzung, um das eigene Angebot stetig weiterzuentwickeln.
Dieses Ziel verfolgt auch die Dachmarke Genuss Bayern mit der das Bayerische Landwirtschaftsministerium die vielfältigen, genussorientierten Aktivitäten des Ministeriums unter einem starken Markendach bündelt und damit dem einzigartigen Genuss aus Bayern zu mehr Wertschätzung verhelfen will.
Positives Fazit: Mit Mut und Inspiration voranschreiten
Insgesamt herrschte auf der GenussKonferenz eine durchweg positive Stimmung. Die anwesenden Experten waren sich einig: Das besondere Spannungsfeld zwischen Tradition und Innovation birgt für den Genuss-Tourismus in Bayern ein enormes Potenzial.
Um dieses zu nutzen, bedarf es vor allem eines intensiven Austauschs zwischen Hotellerie, Gastronomie, Lebensmittelhandwerk und Erzeugung. Mit Kreativität und Mut zur Veränderung lassen sich so Synergien auf allen Ebenen der Wertschöpfungskette nutzen, um den kulinarischen Tourismus weiter auszubauen und auch in Zukunft lebendig zu halten.
Die GenussKonferenz ist eine Maßnahme der Dachmarke Genuss Bayern veranstaltet durch das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus, unterstützt durch das Team am Kompetenzzentrum für Ernährung.
Weiterführende Informationen
Daniel Anthes
Daniel Anthes ist diplomierter Wirtschaftsgeograph, Betriebswirt und Publizist. Als Keynote-Speaker, Autor und Berater forscht, spricht und schreibt er zum gesellschaftlichen Wandel in Richtung Nachhaltigkeit und der Zukunft der Ernährung. Als Senior Associate des Zukunftsinstituts ist er zudem stets am Puls der Zeit und hat ein Auge auf die aktuellen Trends. Daniel Anthes ist außerdem Gründer & CEO der Knärzje GmbH und Vorstandsvorsitzender des gemeinnützigen Vereins ShoutoutLoud e.V., welcher mit Events zu nachhaltigen Lebensstilen – vor allem Ernährung inspiriert.
Wolfgang Wagner
Wolfgang Wagner ist seit mittlerweile sechs Jahren Prokurist und Leiter Strategische Entwicklung bei der Bayern Tourismus Marketing GmbH, der offiziellen Landestourismusorganisation des Freistaats Bayern. In dieser Rolle prägt er mit seinem Team die Zukunft des Unternehmens durch Markt- und Trendforschung sowie strategische Beratung der Fachabteilungen. Seine Expertise reicht von der Entwicklung visionärer Unternehmensstrategien bis hin zur Beratung der Geschäftsführung und der Durchführung von Vorträgen zu Tourismus in Bayern.
Christopher Spall
Christopher Spall arbeitet seit über 15 Jahren als Markenexperte und Identitätsentwickler mit Organisationen und Personen. Er ist Gründer und Geschäftsführer der Markenidentitäts-Beratung Spall.macht.Marke in Nürnberg und Mitglied des internationalen Think Tanks The Medinge Group, die sich mit nachhaltiger Unternehmensführung beschäftigt. Sein Buch „Personal Branding - Was Menschen zu starken Marken macht“ gilt als Standardwerk für die Markenentwicklung von Personen.
Mag. Renate Ecker
Renate Ecker war 13 Jahre Geschäftsführerin des größten Tourismusverbandes im Salzburger Land, in Zell am See-Kaprun. Zuvor war sie Geschäftsführerin der Tourismusregion Hochkönig, Salzburger Seenland, war im Management von Ski amadé, bei Porsche Austria und der Salzburger Land Tourismus GmbH tätig. Heute ist Renate Ecker Dozentin an der FH Salzburg im Weiterbildungslehrgang Kulinarischer Tourismus und in der Strategischen Tourismusberatung tätig.
Jürgen Krenzer
Koch, Gast- und Betriebswirt, Apfel-Winzer, Edelbier-Brauer und Retter des Rhönschafes - und mit Leidenschaft Hotelier, Regional-Aktivist, Vortragender und Vater von drei Kindern. Jürgen H. Krenzer hat vor 36 Jahren als 23-Jähriger seinen Laden „neu erfunden“ und aus einer Schnitzelschmiede den Marktführer der ländlichen Spezialitäten-Gastronomie gemacht. Wie das geht? Ganz einfach: Mach Dein Ding! Aber bitte nachhaltig. Und sei konsequent empathisch und authentisch – so seine ermutigende Botschaft.
Tobias Bätz
"Die Schönheit an guten Lebensmitteln erlebbar machen und diese teilen", lautet das Motto von Tobias Bätz. Er ist Geschäftsführer im Posthotel Alexander Herrmann sowie von Papa Mame. Darüber hinaus ist er als Vorstand bei freakstotable e. V. tätig.
Jörg Osswald
Jörg Osswald arbeitet als Foodscout und Head of Future Lab ANIMA, ebenfalls Geschäftsführer von Papa Mame sowie Mitglied und Mitgründer von freakstotable e. V. Sein Motto lautet: "Die Neugier Neues zu entdecken und Traditionen zu verstehen, um diese in die Zukunft zu integrieren. Global denken, regional handeln. Das ist #grenzenloseHEIMAT."
09.00 Uhr | Ankommen | Infostände Genuss Bayern |
10.30 Uhr | Begrüßung, Vorstellung und Ablauf |
| Moderatorin Nicole Then |
| Begrüßung und Statement |
| Dr. Helmut Frank, Leiter des Referats Markt und Qualitätspolitik, Pflanzliche Märkte, Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus |
11.00 Uhr | Genuss als Reise: Kulinarik & Tourismus in Zeiten gesellschaftlichen Wandels |
| Daniel Anthes, Food- und Nachhaltigkeitsexperte |
| Lebensgefühl geht durch den Magen – Der Imagefaktor Kulinarik im Bayerntourismus |
| Wolfgang Wagner, Leiter Strategische Entwicklung, Bayern Tourismus Marketing GmbH |
| Podiumsdiskussion |
| mit Daniel Anthes und Wolfgang Wagner, Christine Röger, Leiterin Kompetenzzentrum für Ernährung sowie Angela Inselkammer, Präsidentin des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA Bayern und Vizepräsidentin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA |
| Mittagpause |
13.45 Uhr | Erfolgsfaktor Dachmarke: Gemeinsam zu mehr Wertschätzung für bayerische Lebensmittel |
| Christopher Spall, Experte für Identitäts-Entwicklung und Geschäftsführer Spall. Brand Identity Consultants GmbH |
| Kulinarischer Tourismus in Österreich und praktische Umsetzungsbeispiele aus Zell am See-Kaprun |
| Mag. Renate Ecker, MTD, Dozentin an der FH Salzburg im Weiterbildungslehrgang Kulinarischer Tourismus, ehem. Tourismusdirektorin Zell am See-Kaprun und Hochkönig, Ecker Consulting |
| Kaffeepause |
| Setze die Segel richtig, wenn es stürmt! Warum sich Genuss-Betriebe neu erfinden werden |
| Jürgen Krenzer, krenzers rhön e. K. |
| #grenzenloseHEIMAT – uralte Techniken ebnen uns den Weg in die Zukunft |
| Tobias Bätz und Jörg Osswald, Posthotel Alexander Herrmann, freakstotable e.V. |
| Abschluss |
| Dr. Johann Niggl, Leiter Abteilung Tourismus, Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus |
17.00 Uhr | Ende der Veranstaltung |
Präsentationen zu den Vorträgen
Bei Interesse stellen wir Ihnen gerne die Präsentationen zur Veranstaltung zur Verfügung. Bitte wenden Sie sich dazu per E-Mail an uns, damit wir Ihnen einen Downloadlink senden können.